Madrid – Tegel

Es war einer meiner ersten Flüge seitdem ich regelmäßig reise und wurde der unvergessenste und schönste, mit dem sich kein Flug seither messen konnte.

Nach einigen Tagen Besuch in Valencia und einigen Stunden Warten in Madrid fand ich mich im Flieger zurück nach Berlin neben einem hübschen und charmanten Mädchen wieder. Wir sagten beim Hinsetzen kurz Hi und verdrehten zusammen die Augen über die orchestralen Cover-Versionen 90er-Jahre-Popsongs der Hintergrundmusik. Nach dem Start verschwand sie in ein Buch und ich  erst in meine Kopfhörer und dann in die Welt des Sandmann. Es verging eine gute Stunde bis ich aufwachte. Sie guckte mich happy an – sie musste auf Klo und wollte mich nicht wecken. Zurück began ein Gespräch, dass sich von Valencia und Leipzig, Reisen, Sprachen, Musik und über vielen weitere Themenstöckchen entwickelte. Wir waren in uns vertieft – genossen es und die Stunden verflogen. Zum Landeanflug stellten wir fest, dass wir vergaßen unsere Namen auszutauschen. Sie hieß Annette.

Manchmal fantasiere ich über geschlossene Geschichten. Perfekte Momente, die sich von allein entwickeln. Die keine Nachhilfe brauchen. Die für sich stehen. Die ein Ende haben. Die für die schöne Erinnerung bleiben. Die keine offenen Fragen hinterlassen. Keine Wünsche.

Alles sei getan – keine Reue.

Wir landeten, wir sponnen beim Warten auf unser Gepäck nach Andalucia zurück zu kehren. Wir verpassten unseren Bus, standen hungrig vor dem nächtlich geschlossenen Burger King und entschieden uns zusammen in die Stadt zu fahren – so weit uns unsere gemeinsame Strecke führen würde, teilten dabei die Notfall-Snickers. Wir lachten ausgelassen über Betrunkene in der S-Bahn, die uns blöd anmachten. Mit der letzten Station stellte ich die Frage, ob wir es bei diesem Abend belassen – happy nahm sie meinen Kontakt. Nach Valenzianischen Abschiedsküsschen schloss sich die Tür vor mir und sie war weg.

Und ließ nie wieder von sich hören.

“Immer bleibt etwas zurück.”

Gegenverkehr

Eine kleine selten erzählte Geschichte aus Spanien 2012. Diesen kleinen Moment, hatte ich schon vergessen bis er mir eines Nachts am Rande einer Bergstraße auf dem Weg ins Hotel in Dubrovnik ein Jahr später wieder ein. Ich wollte kein Hotel direkt in Valencia, sondern hielt es für eine gute Idee in einem der umliegenden Dörfer eins zu nehmen. Ich buchte in Silla auf Basis der Annahme, dass es groß genug für mindestens einen Supermarkt ist und direkt südlich Valencias an der Albuferra liegt. Beides falsch. Die Albuferra ist ein großer sumpfiger Süßwassersee, der nur durch einen kleinen Landabschnitt – geprägt durch Golfkurse und hochpreisige Hotels (eine andere Geschichte!) – vom Meer getrennt ist.

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Ich am frühen Abend leicht bepackt Richtung Albuferra. Die Gegend ist landwirtschaftlich geprägt und ich wusste, ich werde erstmal laaaange über Ackerstraßen laufen.  Die sind geteert, schmutzig, selten kommt ein Auto vorbei, an den Rändern zumeist ein kleiner Bewässerungskanal. Immer durch zwischen Zwiebelfeldern, Regenwurmhügeln und gelegentlichen Orangenbäumen. Die Straße endet irgendwann und es gab leider kein weiter kommen, da nur noch Sumpf, kein Wasser. Fernab von Menschen, tat aber auch gut. Es wurde dunkel, der Blick zurück nach Silla zeigte einen von vielen wunderschönen Sonnenuntergängen. Ein naheliegendes Hochhaus stand perfekt für einen Doppel-Sonnenuntergang.

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Die Sterne kamen auf und ich hatte endlich einen klaren Sternenhimmel über mir. Vega, Venus, Mars, Juper und Saturn standen aufgeschnürt auf einer Linie. Ich lag auf der Asphaltstraße und hörte meine Reisemusik.

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Es wurde kühl – immerhin, es war März. Ich brach auf.

Die Felder waren unbeleuchtet und im fahlen Licht der vor eins liegenden Stadt war der Weg gut zu erkennen.
Bis zu dem Moment, wo Gegenverkehr in Form eines Autos kam, meine Nachtsicht ging und meine Nachtblindheit begann. Im Gegenlicht der Scheinwerfer ging ich zunächst an den Straßenrand um dann durch den Sturz in einen Bewässerungskanal mich gänzlich aus der Sicht des Autofahrers zu verabschieden. Der Kanal war hüfttief und trocken. Ich holte mir nur ein paar Schrammen und ich hoffte lediglich, dass der Autofahrer wenigstens eine gute Show hatte.

Manchmal bleiben Momente auf der Reise und bleiben daheim unerzählt. Dies war so einer.

Zwei Tage später bin ich mit Raül an die östliche Seite der Albuferra gefahren, wo wir einen atemberaubenden Sonnenuntergang genossen. Wie ich erwähnte. Spanien bot davon viele.

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